13. November

20. November 2009 |

11.15. Fortgesetzte Matratzengruft. Totensonntagwetter. Wenigstens keine Schweinegrippe. Husten schüttelt die Hirnmasse durch. Deutschland trägt Trauer wie zuletzt bei Lady Diana. Und das für einen sechsmaligen Nationalspieler, den vor einer Woche keiner kannte. Da hat sich einer, der alles erreicht hat, weggeworfen. Einfach so. Einer von uns. So ein ganz Normaler. Kein Kuranyikahnkotzbrocken. Und es ist November. Wäre das an einem Sommerabend anders?
Die rollenden Attentäter aus Kanada sind endlich am Ziel. Ein paar Mutige haben sie zwar ans Unterhaltungskoma verloren. Aber sie haben die Patrone. Wenigstens eine Kopie. Im AFR-Sprech wollen sie jetzt die Verwandten des auteur (der verrückte Storch, er selbst uswetcpp) technischen Vernehmungen unterziehen. Worunter man wohl Folter zu verstehen hat. Orin in Gefahr. Und sie haben überall ihre Spitzel. In der ETA, im Rundfunk. Überall. Auch in Ennet House? Schön die Formulierung, ein Gespräch abzubrechen, „bevor die Vernehmung ein mit der Existenzfortsetzung inkmpatibles Niveau erreichte“. Und wieder ein Wort fastbeinahe erlernt: Sybaritisch. Schlag ich morgen nach. Schnell geht’s weiter mit Lenz, der literarischen Sternfahrt durch eine Szene in verschiedenen Blickwinkeln und den Einkaufstaschen. Der rast durch menschlichen Abfall. „Die Gasse war der Katzen und der Nagetiere verlustiert gegangen“, kein Druckfehler, sondern eine dieser lustigen Fehlsprechdoppeldeutigkeiten. Lenz treibt weiter, stolpert über eine komplett verdrehte Schmutzgestalt, einen „endfertig-abgekackten Vollflopper“. Flieg ich, wenn ich das nächste Woche anwende? Wahrscheinlich.
Hüpfhüpf zur nächsten Ebene, wobei sich die Flapsigkeit verbietet, wir hüpfen zu Marathe. Der rollt durch die Entzugskliniken, verschleiert und auf der Suche nach unserer Lieblingsmedusa. Sitzt zwischen vollfloppig Durchgeknallten. Einer versucht ihm einzureden, die Menschen seien gar keine Menschen. Alles Maschinen mit Hautüberzug. Ich bin Schweizer, sagt Marathe, als ob das irgendwas ändern würde. Platos Höhlengleichnis in der Verschwörungstheorieversion. Die Welt ist ein Raum, der Rest ist Projektion, Schattenspiele von 26 Menschen, denn mehr als 26 gibt’s nicht. Sagt der Kranke. Und ein Süchtiger taumelt vorbei, „attraktiv gemäß dem blonden Stereotyp der US-amerikanischen Bildkultur“. Tolle Szene wieder. Der Roman ist eine Pralinenschachtel. Man weiß nie, was man kriegt. Im Moment haben wir Glück. Joelle auch. Die ist noch weit von Marathe und den technischen Vernehmungen weg. Und putzt. Die mutmaßlich schönste Putzfrau aller Zeiten. Jede Wollmaus verfällt vor Ehrfurcht in Katatonie.
Hab ich da eben Marquis Poser alias Lothar Matthäus alias BVM tatsächlich beim Truppenbesuch im Anzug am Hindukusch gesehen? Dinge gibt es!

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Über das Buch

1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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