23. Oktober

25. Oktober 2009 |

22.30. Am Fuß des Blauen. Meteorologie ist Mist. 16 Grad hatten sie versprochen und Sonne. Hier hängt der ganze Wald voll hirnrissiger Wolken. Es nieselt wie in einem schlecht eingestellten Dampfbad, leider ist es auch noch kalt dazu. Cabernet Dorsa. Wein aus einer Versuchsproduktion der Ortenau. Muss nicht weiter fortgesetzt werden, der Versuch.
Bin ich eigentlich zur Zeit der Einzige der weiter am Spaß entlang liest? Sind alles Schriftsteller in den Herbstferien? In eine Postmessetotenstarre verfallen? Hallo, aufwachen. Mir jedenfalls fehlen noch siebenhundert Seiten. Ich muss mich sputen, um die Zielgerade punktgenau am Beginn des Adventskalenders zu überschreiten.
Les ich deswegen schneller oder kommt mir alles immer kleinteiliger vor. Ein riesiges Kapitel, alles lokalisiert in der E. T. A. und trotzdem scheint alles wie vom Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom infiziert. Es geht vor allem um Halbonkel Tavis. Charles Tavis. Der, wie alle Quereinsteiger in diesem Tenniscamp, mal was ganz anderes war. Architekt nämlich. Einer von diesen großen Modernen. Stadien hat er gebaut. Gefeuert ist er worden. Weil man nicht nur prima aufs Feld, sondern auch in Hotelzimmer Einblick bekam und als dann ein Kameramann statt abenteuerliche Homeruns ganz andere Einläufe auf die Multimedialgigantoanzeigentafel übertrug… Weniger ein Mensch als eine Aufrisszeichnung eines Menschen sei der Onkel, sagt Orin.
Schichtwechsel. Hal sitzt vor der Onkels Büro. Erinnert sich an eine Neuaufnahme, aus der dann nichts wurde. Einen Neunjährigen, blind mit Schädelproblemen wg. Umweltzerstörung, einem Schädel mit der „Konsistenz der Schale einer Krabbe aus der Chesapeake Bay“, der aber trotzdem Tennis spielte, immer mit Infusionsständer hinter sich her, weswegen es mit der beidhändigen Rückhand selbstredend nix wurde. Was für eine Freakshow dieser Roman doch ist.
Charles Tavis war übrigens, wie „viele begabte Bürokraten“, von niedriger Statur. Steht da wirklich. Und ist unendlich wahr. Trifft aus äußere und innere Statur zu. Und nicht nur das. CT ist auch ein Freak. Rechte und linke Gesichtshälfte passen nicht zusammen.
Hal, der auch eine seltsame Wucherung verspürt, die man aber nicht sieht, begegnet Avril „die Moms“ Incandenza. Und behauptet die ganze Verwandtschaftsmischpoke, der er in der E. T. A. begegnet, gar nicht als Verwandtschaftsmischpoke zu betrachten. Glaubt ja keiner. In diesem Roman steckt der Familienwurm stärker als in jedem anderen Familienroman.
Jetzt ist aber gut. Der Fummel-Check geht weiter. Eine blauschimmelnachtschwarze Neunmonats-Jobberin taucht auf. Und Otis P. Lord, der immer noch das Gehäuse eines Computerbildschirms über der Omme hat.
Morgen geht’s in der Wüste weiter. Und hier hoffentlich in der Sonne.

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Über das Buch

1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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