14. September

15. September 2009 |

18.55 Uhr. Beethoven (7., Bernard Haitink). Im Bus durch Neukölln. Soll ja jetzt in sein, das Viertel. Hat Steffen Kopetzky gesagt. Der hat immer noch eine Wohnung hier. Und überall, erzählt er, selbst an den finstersten Ecken, stehen Leute bis auf die Straße, wenns wieder was zu vermieten gibt. Kann man sich kaum vorstellen. Hoffentlich bleibt das von einem vollgedröhnten Stoffdesigner gestaltete Ding nicht liegen (hab ich schon mal erwähnt, dass der ÖPNV derzeit eine Katastrophe von Londoner Ausmaß ist? Wird wohl so bleiben, bis US zu Ende geht).
Könnte jetzt über Beethoven erzählen. Der merkwürdig perfekt den Rhythmus der Straße und der vorbeirauschenden Fassaden liefert. Und einen schönen Gegensatz zum gegenwärtigen US-Durchhänger mit neuen Geschichten aus dem Drogenalltag der E. T. A. Darf ich sagen, dass Michael Pemulis, der Chefdrogenanschlepper unserer Tennisburschen, mir durchaus auf die Nerven geht? Soviel wollte ich über Drogen gar nicht wissen, die es teilweise möglicherweise noch gar nicht gibt (die Zeit, nachzuschlagen, was es mit Hybriden der Methoxy-Klasse oder Fitviavi-Verbindungen auf sich hat, hab ich nicht). Aber wie wir wissen, sind die Niederungen in diesem Roman zwar vielfältig, aber immer endlich.
Interessant immerhin die Vorstellung einer Hardcore-Pornopatrone, die mit fünffacher Geschwindigkeit abgespielt wird, „was an durchgeknallte Nager erinnerte“.
Man kann sich doch auf DFW verlassen. Und das fängt mit einem Satz an wie „Auf manchen Partys ist man, ohne richtig da zu sein.“ Joelle Van Dayne (hatten wir die schon. Oh Gott, ich hab den Überblick verloren, hätte KiWi kein Personenregister beisteuern können? Oder so ein schickes Diagramm, was ollen russsichen Familienromanen immer gern beigegeben wird). Joelle van Dyne ist am Ende einer Fete, ihrer Fete, der Fete ihres Lebens. Und dann reißt es einem wieder die Füße weg. „Zu den bösartigen Mythen zählt die Ansicht, die Menschen würden stets euphorisch, großzügig und extrovertiert, unmittelbar bevor sie sich auf Dauer die Karte umdekorieren. In Wahrheit sind die Stunden vor einem Suizid im Großen und Ganzen eine Zeitspanne enormer Selbstbezogenheit und Egomanie.“ Der Spaß ist vorbei, mündet in einen finsterflanierenden Drogenalbtraum. Eingefangen in sich selbst. Der Ausgang des Käfigs sind seine Stangen. Jetzt würde ich doch gern die 16-Seiten-Grenze auflösen, den Käfig verlassen. Morgen geht’s weiter. Auf der Rückfahrt, auf diesen schreibekifft bunten Buspolstern.

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Über das Buch

1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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