Zur Rezeption dieses Buches: Ich bin mir sicher, den Begriff Postmoderne nicht auf eine Vielfalt zugleich bzw. abwechselnd beherrschter Stile beschränkt wissen zu wollen. Bin aber auch schon öfter zu als postmodern apostrophierten Gebäuden geführt worden, die in mir nichts weiter als den Eindruck des Kunstgewerblichen erweckten.

Ob ‚Aneignungskunst’ im Original nicht vielleicht doch ‚Appropriation Art’ war – und also, als stehender Begriff der jüngeren Kunstgeschichte (Cindy Sherman), besser nicht übersetzt worden wäre, bringt mich (wie auch die hier und dort unregelmäßigen Konjunktive) auf die Ebene der Lektoratsarbeit, auf die wir uns hier aber – als Leser (dies ist ja kein Workshop) – vielleicht nicht zu sehr kaprizieren sollten. Ist aber schon bei synchronisierten amerikanischen Spielfilmen so, daß ich mich andauernd, fast zwanghaft frage: Was wurde hier wohl im Original gesagt? – Mit dieser Differenz läßt sich natürlich produktiv umgehen. Ist ja immer wieder toll, wenn man merkt: Das hier ist in einer anderen Sprache entworfen worden.

Seltsam immer wieder das Dilemma der Science Fiction (wobei ich diesem Begriff, wortwörtlich genommen, sehr anhänge): Warum wird mir das aus 1996er Sicht Zukünftige (heute zum Teil längt Eingelöste bis Überholte) als gegenwärtige Normalität so ausführlich, beinahe wie in Gebrauchsanweisungen, erklärt? Das kommt ein bißchen uncool herüber, bisweilen; das hätte auch beiläufiger angebracht werden können. Ist zudem sehr jungenhaft, wie aus dem Baukasten (‚Der kleine Ingenieur’) gezaubert.

Und was eigentlich leisten sogenannte Hochbegabte (zumal in literarischen Texten)?

(Bin bis zum Wochenende offline in Paris.)

3 Kommentare zu Die nächsten Kapitel: Verflüssigt in verschiedenen Jives und Jargons

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palamede

31. August, 2009 um 08:57

Vor Ort können Sie ja Rabelais lesen, Herr Meinecke, – vermutlich eher nicht. Häufig enden die Briefe meines Anwalts mit dem Hinweis „nach Diktat verreist“, so meint er sich meinen lästigen Nachfragen entziehen zu können. Keine Sorge, ich drohe nicht mit juristischen Maßnahmen.

Offensichtlich mißfällt Ihnen die Übersetzung. (deren „Hüftsteife“ – was verstehen Sie darunter? Sollen jetzt Orthopäden die Aufgaben des Lektorats übernehmen?) Und überhaupt scheinen Sie mit dem Roman herzlich wenig anfangen zu können, nachdem Sie, ja, bis zu welcher Seite vorgedrungen sind? Ich kann nur sagen: „län‘ S’e ’s“.

Da hätte ich dann doch eine Frage, lieber Herr Graf. Nach welchen Gesichtspunkten wurden eigentlich die Autoren ausgewählt? Das ganze Elend eines Teils der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur quillt mir in manchen Beiträgen entgegen, deren narzißtisch-humorlose Selbstüberschätzung sich in der Darstellung der Eß- und Trinkgewohnheiten bzw. des Freizeitverhaltens manifestiert („da liege ich um 0.24 in einem Kellerloch …“). Mit Verlaub, das geht mir doch sonstwo vorbei und stiehlt mir nur die Zeit für die Lektüre des Romans.

Wären nicht z.B. die aufschlußreichen Beiträge von Herrn Blumenbach oder die nützlichen Fingerzeige in einigen Kommentaren und unten rechts im Blog – ich würde meine Kräfte schon nach sieben Tagen schonen und den Blog nicht mehr öffnen, um mir weiteren Verdruß, Ärger und Wut zu ersparen.

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Guido Graf

31. August, 2009 um 09:10

sonstwo

sic

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Heide Witzka

31. August, 2009 um 18:19

Also mit anderen Worten, lieber Ede: entweder alles „doll, doll, doll!“ (R. Carrell) finden oder Schnauze halten? Dissens wird nicht geduldet? Und was die Übersetzung angeht: Allein die hier – http://www.unendlicherspass.de/2009/08/28/autodafe%C2%B9/#comments – gesammelten Zitate lassen erkennen, dass da einiges im Argen liegt.

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Über das Buch

1996 erschien »Infinite Jest« in den USA und machte David Foster Wallace über Nacht zum Superstar der Literaturszene. Vor einem Jahr nahm sich David Foster Wallace das Leben. Sechs Jahre lang hat Ulrich Blumenbach an der Übersetzung von Wallaces Opus magnum gearbeitet, dem größten Übersetzungsprojekt in der Geschichte des Verlags Kiepenheuer & Witsch.
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